Wissenschaft

Stephen Hawking ist leider gestorben

Stephen Hawking ist gestorben. Einer der berühmtesten Wissenschaftler aller Zeiten. Einer der sich Gedanken gemacht hat über die Grenzen der erkennbaren Wirklichkeit. Und der am eigenen Leib erfahren hat, was die Grenzen
der existentiellen Wirklichkeit für einen Menschen darstellen. Mein Gott, was für ein Schicksal! Stephen Hawking war ein Kosmologe. Und damit gehörte er zu einer
Gruppe von Menschen, die sich mit dem Ganzen beschäftigt haben. Kosmologie – Das ist die Wissenschaft vom ganzen Universum, von allem, was darin ist. Und er war ein besonderer Mensch, weil ihn das Schicksal durch seine kathastrophale Krankheit unglaublich früh auf seine Denkfähigkeit fast konzentriert hat. Was blieb ihm anderes als mit seinem Geist seine eigene Materie zu überwinden? Als er die Diagnose bekam, da hieß es: „Sie haben nur noch wenige Jahre zu leben.“ Dass dieser Mann 76 Jahre alt geworden ist, ist eine medizinische Sensation. Und zeigt zugleich zu was der Geist offenbar fähig ist. Er hat wissenschaftliche Publikationen veröffentlicht, die sich damit beschäftigt haben: Welche Arten von Universen kann’s eigentlich geben? Fallen die alle wieder zusammen? Also beginnen die irgendwie und dann fallen die wieder in sich zusammen, weil die Gravitation die dominante Kraft ist? Oder gibt’s auch welche, die auseinander fliegen mit unglaublicher Wucht und wo sich überhaupt keine Strukturen bilden können? Und was zeichnet eigentlich dieses eine Universum aus, in dem wir drin sind? In dem sich Strukturen haben bilden können; also die Expansion nicht gleich wieder alles
ausgelöscht hat aber wo zugleich eben auch nicht das Universum wieder in sich zusammengefallen ist. Was zeichnet dieses eine Universum aus? Was macht es so stabil? Wie konnte es dazu kommen? Und eine seiner interessantesten Arbeiten haben z.B.

Gezeigt, dass das Universum mit einer unglaublichen Präzision am Anfang schon gestartet sein muss! Seine Rechnung damals ergab: Eine Abweichung erst an der
59. Stelle hinter dem Komma wäre erlaubt, um zu erklären weshalb das Universum eben heutzutage immer noch da ist. Also nicht in sich zusammengefallen ist und nicht auseinander geflogen ist. Eine Arbeit, die mit dazu beigetragen hat sich zu überlegen: Wie kann das überhaupt sein? Wie können sich Universen entwickeln in diesen Zustand, den wir heute sehen? Er hat mit dazu beigetragen
die Kosmologie weiterzuentwickeln hin zur sogenannten inflationären Kosmologie; dass das Universum in seiner Frühphase eine unglaubliche Expansion erlebt haben muss und um 50 Größenordnungen praktisch in 0 Zeit angewachsen sein muss,
um auf die Eigenschaften zu kommen, die wir heute beobachten. Er hat sich aber zugleich auch in der allgemeinen Relativitätstheorie damit beschäftigt: Was sind das eigentlich für Objekte, die so kompakt sind? Wo Masse so in einem Volumen zusammenhängt,  dass die Gravitation als die dominante Quelle, die dominante Kraftquelle, die einzige Kraftquelle eigentlich, alles beherrscht? Was passiert da? Was passiert in einem Schwarzen Loch bzw. was passiert am Rand des Schwarzen Loches, also dieser Grenze zwischen der erkennbaren Wirklichkeit – da wo wir Messungen durchführen können – und diesem Objekt von dem wir im Grunde genommen gar nichts sagen können.

Wir wissen gar nicht, was da drin ist. Stephen Hawking hat sich genau an dieser Stelle geistig herumgetrieben. Nämlich wie packe ich es, dass die Quantenmechanik, die doch so erfolgreich ist, mit einer der Lösungen der allgemeinen Relativitätstheorie, nämlich dem Schwarzen Loch, hier zusammenzubringen ist? Wie kann ich das zusammendenken? Überhaupt das Zusammendenken, wie kann ich das Allergrößte mit dem Allerkleinsten zusammendenken? Daran sieht man natürlich schon: Was für ein Panorama muss sich in diesem Kopf abgespielt haben? Der zugleich eben über die Jahrzehnte merkt, sein Körper wird immer schwächer und schwächer. Er verliert seine Stimme. Er braucht Zuwendung von allen Seiten. Und er reist derweil an den Rand des Universums, ist dort kurz tätig, um dann aber auch wieder zurückzukommen, denn Stephen Hawking war nicht nur ein Kosmologe und jemand, der sich mit der Strahlung von Schwarzen Löchern beschäftigt. Ja, mit der Strahlung! Denn an diesem Rand, der ihn so interessiert hat, da könnten Teilchen entstehen.

Wobei die Hälfte dieser Teilchen ins Schwarze Loch fallen und die andere Hälfte dann… Ja, wie? Vom Schwarzen Loch sich entfernen? Und das würde
bedeuten, dass das Schwarze Loch Energie verlöre. Seine berühmte Hawking Strahlung, die hat er so ausgerechnet. Nämlich, dass ein Schwarzes Loch gemäß seiner Masse tatsächlich zerstrahlt. Und um so kleiner das Schwarze Loch ist,
um so heißer ist es, um so stärker wird es abstrahlen. Also bei den Schwarzen Löchern, die wir im Universum kennen, ergeben sich dabei allerdings Zeitskalen, die kaum eine Vorhersage wirklich überprüfbar machen.
10 hoch 60 Jahre. Aber! Wenn im Large Hadron Collider, also in dieser riesengroßen Beschleuniger-Einrichtung in der Schweiz, vielleicht Elementarteilchen als Schwarze Löcher entstünden, dann wäre das zu erkennen in Form eines bestimmten Strahlungsspektrums, weil diese Schwarzen Löcher würden dann gemäß der Hawkingschen Theorie verdampfen. Nun, man muss leider sagen:
Gefunden hat man nichts. Noch nicht. Wenn Stephen Hawkings Vorhersage, dass Schwarze Löcher verdampfen, in dem Large Hadron Collider entdeckt worden wären, dann hätte er auch den Preis bekommen, den er, glaub ich,
als einzigen wissenschaftlichen Preis nicht bekommen hat: Nämlich den Nobel Preis.

Aber Stephen Hawking war eben nicht nur ein wissenschaftliches Genie. Er war auch ein PR-Genie. Die Öffentlichkeit hat ihn wahrgenommen als einen sympathischen, außerordentlich humorvollen, vielleicht auch ein bisschen schrulligen Wissenschaftler, der etwas erzählt von den Rändern
dieser Wirklichkeit aber zugleich auch mittendrin ist, der wunderbare Witze erzählen konnte und der auch mal als Schauspieler agiert hat. Ja, bei Star Trek. Er ist der einzige, der praktisch als sich selbst aufgetreten ist. Er hat sich in seinen Sachbüchern, eines davon „Eine kurze Geschichte der Zeit“, wahrscheinlich das berühmteste Buch über Kosmologie aller Zeiten, darum verdient gemacht Kosmologie als eine Wissenschaft darzustellen, die etwas mit uns zu tun hat! Stephen Hawking war eine große Inspirationsquelle, und zwar weit über seine kosmologischen Arbeiten, seine Rechnungen über die verdampfenden Schwarzen Löcher und die Vereinigung von Quantenmechanik und allgemeiner Relativitätstheorie hinaus.

 

Nämlich in der Art und Weise wie er sich seinem Schicksal entgegen gestellt hat. Tapfer, hoffnungsvoll, offen, immer ehrlich und mit einer richtig großen Portion Humor. Und er wusste schon wer er war. Er hat nämlich einmal gesagt: „Ich möchte Menschen inspirieren, und zwar zu den Sternen zu blicken und nicht nur zu ihren Füßen.